Sadhu geht zur Yamuna

Text von Ananda Vrindavan-devi dasi und Kalindi-devi dasi
Übersetzt von Mami und mir.

Vrindavan ist das Land von Radha und Krishna.
Es leben viele Tiere in Vrindavan, wie Kühe, Affen, Streifenhörnchen und Papageien.
Ein besonderes Streifenhörnchen lebt in Raman Reti. Sein Name ist Sadhu.
Wenn er die verschiedenen heiligen Plätze mit seinen Freunden besucht,
erlebt er den Zauber und das Geheimnis von Sri Vrindavan Dhama.

Es war an einem schönen Nachmittag im Frühling, als Sadhu und Priya, seine Kuhfreundin,
sich auf den staubigen Weg machten durch das heilige Land von Vrindavan.
Sadhu war so aufgeregt, dass er ununterbrochen plapperte und hin und her rannte.
Priya lächelte liebevoll. 'Schliesslich ist es seine erste Reise zur Yamuna!', dachte sie bei sich.

"Erzähle mir von der Yamuna.", bat Sadhu, als er es sich selber auf Priya's Kopf bequem machte.
"Oh, dieser Fluss ist eine sehr spezielle Geweihte von Krishna.", begann Priya.
"Hast du gewusst, dass sie Krishna's Lotosfüsse vor 5000 Jahren badete?"
"Wow!", rief Sadhu aus.
" Ja, als Krishna hier war, spielte Er in der Yamuna mit all seinen Freunden.
Darum ist dieser Fluss heilig und wie Caranamrita."
"Caranamrita!", wiederholte Sadhu staunend bei dem Gedanken an einen ganzen Fluss voller Nektar.
"Was passiert, wenn du in ihr Wasser gehst?"
"Wenn du in der Yamuna badest, wird dein Herz rein und geläutert, gerade wie ein Juwel."
Priya sprach und Sadhu hörte zu. Er wusste, dass er sehr vom Glück begünstigt war, in Vrindavan zu sein
und all diese heiligen Plätze zu besuchen.

"Wir kommen näher!", sagte Priya, als sie um die letzte Kurve vor dem Kaliya Ghat wanderte.
Sadhu streckte sich hoch, damit er nicht den ersten Blick auf Yamunadevi verpasste.
Er konnte ihre kühle, sanfte Brise spüren und dann plötzlich sah er sie.
Seine Augen und sein Herz waren gefangen. Er erstarrte vor Ehrfurcht und Scheu.
"Tochter des Sonnengottes", wisperte er, "jetzt verstehe ich."

Blendend und reizend erstreckte sich der Yamunafluss vor seinen Augen.
Das Sonnenlicht funkelte auf ihrer Wasseroberfläche wie Hunderte und Tausende von Sternen.
Vögel kreisten und schwebten über ihr, während Hirsche und Kühe friedlich an ihrem Ufer grasten.
Schmetterlinge flatterten um die Lotos- und anderen duftenden bunten Blumen, die ihre Ränder schmückten.
Sie floss anmutig bis zu Rande gefüllt mit Barmherzigkeit und Lieblichkeit.
"Komm!", schien sie zu sagen. "Komm mit mir, ich werde dich in eine andere Welt mitnehmen."

Priya senkte ihren Kopf Richtung Boden und Sadhu rutschte herunter und rannte ans Ufer.
"Vergiss nicht deine Ehrerbietungen," rief sie hinter ihm her, "und gib drei Tropfen Wasser von ihrem Wasser auf deinen Kopf." Aber Sadhu war ein gebildetes Streifenhörnchen und wusste, wie man sich angemessen an heiligen Plätzen benimmt.
Er nahm ein bisschen Wasser in seine Pfote und brachte es der Yamuna dar, darauf trank sachte davon.

Sie blieben eine Weile am Ufer der Yamuna.
Sadhu dachte: 'Wie erstaunlich es ist, dass Krishna wirklich da sass, gerade an diesem Platz.
Manchmal ass er hier mit seine Kuhhirtenfreunden und manchmal spielte er den Gopis seine Streiche.'
Sadhu betete laut:

"Yamuna-mayi, du fliesst so sanft und süss,
bitte gib mir Zuflucht bei deinen Lotosfüss!"

Er schaut zu Priya, welche anerkennend lächelte.

"Komm, sagte sie, "halte dich an meinem Schwanz fest und ich werde dich ins Wasser bringen."
Sadhu war nervös, konnte aber niemals ein Abenteuer verpassen. Er sprang eifrig ins Wasser und hielt sich fest.
Priya ging langsam in den Fluss, ihr Schwanz schwamm auf der Wasseroberfläche und bewegte sich mit der Strömung.
Das transzendentale Wasser fühlte sich weich und heilig an, als es über Sadhus Körper plätscherte.
Er fühlte sich glücklich und gleichwohl sehr klein in dem grossen, tiefen Fluss.

Priya war auch glücklich, so sehr, dass sie sich selbst - und Sadhu - für einen Moment vergass.
Sie warf ihren Schwanz hoch in die Luft vor Verzückung.
Ein Aufschrei ertönte und gleich darauf platschte etwas ins Wasser.
Priya drehte sich sofort um und sah gerade noch den Körper ihres kleinen Freundes im Wasser verschwinden.

Sadhu befand sich plötzlich in einer Unterwasserwelt.
"Oh, Krishna! Oh, Yamuna! Bitte helft mir! Ich kann nicht schwimmen!"
Er öffnete seine Augen und begann alle vier Beine gleichzeitig zu bewegen.
Sein Herz klopfte wie wild und er sah sein ganzes Leben vor sich:
sein Haus, seine Freunde, sein Lieblingsessen.
'Ist das mein Ende???', dachte er.
"Hare Krishna Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare, Hare Rama Hare Rama, Rama Rama Hare Hare."

Im nächsten Moment fühlte er sich von unten her aufgehoben .
Etwas - oder Jemand - half ihm.
Es sah aus wie ein sich bewegender Stein und brachte ihn an den Rand des Wassers, wo Priya ängstlich wartete.
Als er schlussendlich am sandigen Ufer ankam, drehte sich Sadhu um und war erfreut Bhisma, die alte Schildkröte, zu sehen.
"Ich danke dir, Bhismaji!", sagte Priya, während sie den nassen Sadhu auf einen Stein schob.
"Gern geschehen!", antwortete er gütig und nickte mit seinem Kopf.
Sadhu lag flach auf dem Stein und versuchte sich von der ganzen Aufregung zu erholen.

"Huh", sagte er zu Priya , "das war erschreckend."
"Ja ",stimmte sie zu,"es tut mir Leid."
"Kein Problem!", antwortete Sadhu.
"Sogar ein kleines Streifenhörnchen wie ich weiss,
dass sich Nichts ohne den Willen Krishna's bewegt und dass es immer eine Lektion zu lernen gibt."
"Oh, was hast du denn gelernt?"
"Sich nie wieder an einem Kuhschwanz im Wasser festzuhalten." Beide lachten.
"Aber wirklich," fuhr Sadhu fort, "ich lernte, dass Yamuna-Devi so barmherzig ist.
Sie erlaubte mir in ihrem Wasser zu baden, obwohl ich so unbedeutend bin.
Wenn wir Zuflucht bei Krishna und seinen wunderbaren Geweihten nehmen, werden wir immer beschützt sein."

Nachdem sie ihre Ehrerbietungen dargebracht hatten, machten sie sich auf den Heimweg.
Als Priya langsam den Weg entlang lief, drehte sich Sadhu um und warf einen letzen Blick zur Yamuna.
Die Sonne war fast untergegangen und ihr Licht lag wie ein goldenes Band über dem Land von Vraja.
Plötzlich erinnerte er sich, was Priya über das Baden gesagt hatte.
"Priya?", fragte er ernsthaft, "Denkst du, dass mein Herz rein und klar geworden ist wie ein Juwel?"
"Hmm, vielleicht!", antwortete sie mit einem Lächeln. Ihre Stimme wurde von den Schreien der Pfauen davongetragen.
Er wunderte und wunderte sich darüber während dem ganzen Rückweg.

In dieser Nacht, als er sich auf dem Ast seines Lieblingsbaumes unter den Sternen ausruhte, wisperte er sein Gebet.

"Yamuna-mayi, du fliesst so sanft und süss,
bitte gib mir Zuflucht bei deinen Lotosfüss!"

Dann legte er die Hände auf sein Herz und lauschte aufmerksam,
sich immer noch wundernd, ob es rein und klar geworden sei wie ein Juwel...

...und genau so schlief er ein!!!