Ist Fleischessen eine religiöse Pflicht?

Die Organisation Schweizer Tierschutz (STS) hat eine Initiative lanciert, mit der unter anderem grundsätzlich der Import von Produkten verboten werden soll, welche wegen Tierschutzvorschriften in der Schweiz nicht produziert werden dürfen. Darunter fallen z.B. Eier von Hühnern aus Käfighaltung, da die Käfighaltung von Hühnern in der Schweiz verboten ist. Es wird damit also eine wichtige Lücke in der Gesetzgebung geschlossen. Wenn die Initiative angenommen wird, wäre aber auch der Import von Fleisch von bestimmten betäubungslos getöteten Tieren verboten. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft zur Initiative vom 7. Juni 2004 diese abgelehnt und begründet seine Ablehnung damit, dass sie nicht menschenrechtskonform sei, weil bestimmten Religionsgruppen damit die Ausübung ihrer Religion verwehrt würde. Ist dieses Argument korrekt?

Keine Religion fordert den Fleischkonsum.

Welche Religionsgruppen betrifft dieses Verbot? Grundsätzlich ist im jüdischen und im moslemischen Glauben vorgeschrieben, dass kein Blut konsumiert werden darf. Beide Religionsgruppen praktizieren deshalb das betäubungslose Schächten der Tiere, bei dem den Tieren bei vollem Bewusstsein der Hals aufgeschnitten wird, damit sie verbluten.

Muss man deshalb den Import von solchem Fleisch aus dem Ausland erlauben, weil aus tierschützerischen Gründen diese Schlachtungsmethode in der Schweiz verboten wurde? Der Bundesrat ist offensichtlich dieser Meinung. Dabei ging jedoch ein sehr zentrales Element vergessen: Keine Religion schreibt ihren Anhängern den Fleischkonsum vor. Ganz im Gegenteil, auch die religiösen Vorschriften der Juden und Moslems dienen eher dazu, den Fleischkonsum einzuschränken: Wenn sie schon Fleisch essen, sollten sie wenigstens das Blut nicht mit konsumieren.

Die vegetarische Ernährungsweise wäre deshalb auch für Moslems und Juden eine gute Alternative zum Schachtfleisch und widerspricht keiner einzigen religiösen Regel. Da die Einhaltung der religiösen Regeln bei vegetarischer Ernährung wesentlich einfacher ist (es ist gar nicht möglich, Fleisch zu 100% von jeglichem Blut zu befreien) und das Schächten ein prinzipielles ethisches Problem darstellt, erstaunt es einen nicht, dass sehr viele Juden vegetarisch leben. Dies alles hat der Bundesrat einfach ignoriert, um dafür zu sorgen, dass aus rein weltlichen Gründen bestimmte religiöse Personen in der Schweiz weiterhin ihren Gaumen mit Fleisch befriedigen können.

Hinweis: www.vegetarismus.ch