Der Brahmane und das Schaf

Eines Tages erhielt ein Brahmane ein kleines Schaf als Geschenk. Er nahm es auf seine Schultern, um es nach Hause zu tragen. Drei Räuber sahen den Brahmane mit seinem Schäfchen. Sie waren hungrig und wollten das Lamm verspeisen.
"Wie kommen wir an das Schaf heran?", fragte einer der drei Räuber. Ein zweiter Räuber flüsterte: "Hört zu, ich habe eine Idee!" Dann flüsterte er seinen Plan den beiden Räubern ins Ohr, worauf diese lachen mussten. Alles Räuber sprangen auf und verschwanden.

Der Brahmane ging fröhlich und ahnungslos seines Weges, als plötzlich einer der Räuber vor ihm stand und sprach: "Eure Heiligkeit, warum tragen Sie einen Hund auf ihren Schultern? Hunde sind doch sehr schmutzig. Ich bin überrascht zu sehen, dass ein Brahmane einen Hund anfasst." "Ein Hund?", rief der Brahmane. "Wovon sprichst Du? Bist Du blind? Das ist ein Schaf." "Bitte seien Sie nicht böse auf mich, mein Herr", sagte der Räuber mit ruhiger Stimme. "Ich sage nur was ich sehe. Aber von nun an werde ich schweigen. Bitte entschuldigen Sie mich." Daraufhin verschwand der Räuber.
Der Brahmane ging weiter seines Weges und brummte ärgerlich vor sich hin. Ein gutes Stück weiter traf er auf den zweiten Räuber. Der schaute zuerst auf das Lamm und dann auf den Brahmane. "Oh mein Herr", sagte er mit betrübter Stimme, "Sie sollten kein totes Kalb auf den Schultern tragen. Wissen Sie nicht, dass ein Brahmane keine unreine Dinge und vor allem keine tote Tiere berühren darf?" "Totes Tier? Totes Kalb?", rief der Brahmane. "Rede keinen Unsinn! Bist du blind? Hast Du nicht nie ein Schaf gesehen? Dieses hier habe ich erst kürzlich als Geschenk erhalten." "Nehmen Sie es mir bitte nicht übel", sagte der Räuber mit demütigem Ton in der Stimme. "Tragen Sie nur Ihr Kalb, ob lebendig oder tot. Mir ist es gleich. Ich werde nichts mehr sagen." Der Brahmane ging weiter, wurde aber ein bisschen besorgt. Von Zeit zu Zeit schaute er auf sein Haustier. Es war zweifellos ein Schaf. Aber dann begegnet er der dritten Räuber. "Entschuldigen Sie bitte, mein Herr", sagte der Räuber, "aber ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass es nicht gut ist, was Sie da tun?" "Wie bitte?", fragte der Brahmane. "Was mach ich falsch?" "Für einen Heiligen geziemt es sich nicht, einen Esel herumzutragen. Das müssten Sie doch eigentlich wissen", behauptete der Räuber. "Setzen Sie ihn lieber ab, bevor es auch die anderen sehen!"
Nun war der Brahmane wirklich verwirrt. Er war beunruhigt, dass er nicht einmal zornig werden konnte. Dies war nun schon der dritte Mann, den er getroffen hatte, und jeder hat sein Schäfchen für etwas anderes gehalten. War dieses Schaf vielleicht ein Gespenst oder ein Dämon? Konnte es sich von Augenblick zu Augenblick verwandeln? Vielleicht hatten diese Männer recht. Voller Angst warf der Brahmane das Schaf von den Schultern und rannte so schnell er konnte nach Hause. Der Räuber hingegen nahm das Schaf und brachte es zu seinen Kumpanen. Da sie keine Vegetarier waren, freuten sie sich über ihren Erfolg.

MORAL
Lass Dich nicht von der Wahrheit und vom rechten Weg abbringen, auch wenn die anderen Dir weismachen wollen, dass Du Dich irrst.